13.04.2023
Osterglaube erwärmt die Herzen

Im Auto läuft das Radio. Ein Reporter stellt Menschen auf der Straße die Frage, wie lang
Ostern geht. Jemand sagt: „Ich bin kirchlich nicht bewandert.“ Andere mutmaßen. Einer ist
auf der richtigen Spur. Die Stimmung ist heiter.

Am Ende klärt der Reporter auf.

Er rattert runter, was von Karfreitag bis Pfingstsonntag vom christlichen Glauben her passiert ist.
In meinen Ohren klingt es abgelesen. Dem Reporter ist fremd, was er da sagt. Das glaubt er
nicht. Es klingt eher als würde er sagen: „Dass das überhaupt jemand geglaubt hat –
unglaublich.“ Ich höre Zweifel.


Wir haben den Himmel abgeschafft. Es klingt naiv, kindisch und ungebildet. Kann ich wirklich
glauben, dass Jesus aus Nazareth von den Toten auferweckt worden ist? Ist es überhaupt
statthaft und redlich anzunehmen, dass es ein ewiges Leben nach dem Tod gibt – dort auf
der anderen Seite – bei Gott?


Wenn ich als Pfarrer angesprochen werde, dann geht es um Fragen des Lebens:
„Unterstützen Sie Geflüchtete? Welche Organisation empfehlen Sie für eine Spende nach
einer Umweltkatastrophe?“ Menschen erwarten von Kirche Hilfe und Moral. Glaubensfragen
stellt mir fast niemand. Menschen fragen mich nicht, was nach dem Tod passiert. Den
Himmel haben wir abgeschafft.


Ich habe Zweifel. Ich habe Zweifel am Atheismus. Ich habe Zweifel an dem, was bei uns im
Ostern normal genannt wird. Denn das sagen doch viele: „Ich bin nicht kirchlich. Wir sind
normal groß geworden.“ Ich kann den Mehrwert nicht entdecken.
Ich denke an ein Lied: „Herzen, die kalt sind wir Hartgeld; Herzen, die kalt sind wir Stein,
sollen wieder Herzen werden, sollen wieder Herzen sein. Gottes Liebe geht auf über Dir.
Selbst ein Stein wird warm, wenn die Sonne ihn bescheint.“
Ostern ist ein Fest der Versöhnung. Gott versöhnt die Menschen mit sich und untereinander.
Ostern ist für mich nicht zuerst eine Überzeugung, was genau – und vor allem wie – passiert
ist.


Zu Ostern geht Gottes Liebe über mir auf. Da wird mein Herz warm.
Ich sehe meine Gesellschaft und ich höre die unzähligen harten Worte. Wer nicht der
eigenen Meinung ist, wird nur allzu schnell und allzu oft als grundsätzlich unfähig dargestellt.
Harte Worte, harte Herzen, harte Menschen. Ständig werden Schuldige gesucht und
gefunden: es sind die anderen. Im christlichen Glauben ist alle Schuld schon bezahlt. Daran
denken wir an Karfreitag. Ich muss mir keinen Schuldigen mehr suchen.
Am Ostersonntag hat Gott den Tod besiegt. Das glaube ich. Vor allem aber wirkt Ostern. Das
Herz wird warm. Ich habe Hoffnung für das Leben hier und jetzt und für das, was darauf
folgt.
Osterglauben macht versöhnlich. Christlicher Glaube wirkt. Ostern sucht und schafft
Versöhnung. Die Osterzeit dauert übrigens 50 Tage – von Ostersonntag bis zum Pfingstfest.

 

Pfr. Manfred Kiel
Schönhausen (Elbe)