22.03.2023
Worte aus der Kirche für Samstag, den 25.3.2023

„Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6,8)

„Gottes Gebote“ halten, eine Lebensaufgabe mit eher bescheidener Erfolgsquote. Dann „Liebe üben“, wo es doch gerade auch in unserer Kirche so menschelt. Von „Demut“ wollen wir lieber gar nicht erst reden. Also, eine Dienstanweisung aus lauter Unmöglichkeiten.

Die christlichen Kirchen sind gerade sehr heraus gefordert in unserem Land: wie und wo beziehen wir angemessen Stellung angesichts der drängenden Zeitfragen. Pro und Contra beim Thema Waffenlieferungen, Zuwanderung oder Klimawandel; dem Rechtsruck in unserer Gesellschaft, die Verrohung des Miteinanders, der wachsende Antisemitismus. Wie sollen wir uns positionieren? Halten wir die Meinungsvielfalt aus? Personen des öffentlichen Lebens; auch kirchliche Mitarbeiter werden schnell zur Zielscheibe öffentlicher Beschimpfung. Die einen erwarten eine kirchliche Positionsbestimmung, andere wollen eine unpolitische Kirche.

Wenn ich den Propheten Micha richtig verstanden habe, dann geht es ihm nicht um schlichte Gottgefälligkeit! Sein Auftrag ist es, denen Unheil anzusagen, die bewusst das Gegenteil von Gottes Gesetz leben und sein Wort missachten. Also ist für uns Christen die besondere Herausforderung, auf der richtigen Seite zu stehen. Von Jesus wissen wir, wo unser Platz ist: bei den Schwachen und Schutzbedürftigen, den Ausgegrenzten zuerst und nicht bei den Demokratiefeinden und Hasspredigern. Es darf uns dabei entlasten, dass auch der Prophet Micha etwas vom Scheitern menschlicher Bemühungen zu wissen scheint. Sein Gottesbild zeichnet einen menschen- und fehlerfreundlichen Herrn. Nein, Christen sind nicht automatisch die besseren Menschen, aber sie sollten wissen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Und sie sollten auch wissen, dass es auf komplexe Herausforderungen keine einfachen Antworten gibt.

Wir stehen jeden Tag neu zwischen Gottes Anspruch und Zuspruch; zwischen „es ist dir gesagt Mensch, was der Herr von dir fordert“ und „wo ist solch ein Gott, wie du bist – der Sünde vergibt und Schuld erlässt.“

 

Superintendent Michael Kleemann