08.02.2023
Wort aus der Kirche zum 11. Februar 2023

„Vom Sämann“, so lautet die Überschrift über einem der Bibeltexte für den kommenden Sonntag. Fragen Sie mal einen Grundschüler, was ein Sämann ist. Fehlanzeige. Aus einem umgehängten Sack das Saatgut auf dem Acker verteilen ist aus der Mode gekommen. Heute machen das Maschinen vom Computer berechnet und wohl dosiert.

Jesus erzählt mit dem Gleichnis vom „Sämann“ eine eher frustrierende Begebenheit aus der Landwirtschaft. Dreiviertel der Saat sind Verlust. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Mein erster Pfarrgarten in der Altmark war eine regelrechte Sandkiste. Ganz anders in meiner zweiten Pfarrstelle im Elbe-Saale-Winkel. Gleich nach dem Einzug wurde ich belehrt: „So´n Boden musste in Deutschland mit der Lupe suchen.100 Bodenpunkte! Wenn du hier den Finger nicht schnell genug aus dem Beet ziehst, ist der im nächsten Moment angewachsen.“ In der biblischen Geschichte, das merkt der Leser bald, geht es eigentlich um etwas ganz anderes. Nämlich die Frage: „Wie kommt Gottes Wort unter die Menschen?“ Das musste ich als junger Pfarrer ziemlich bald lernen.

Der ostdeutsche „Acker“ war in über 60 Jahren Atheismus verhärtet und ausgelaugt. Zwei atheistische Diktaturen, Stabü-Lehrer, Jugendweihe und FDJ-Lehrjahr hatten ganze Arbeit geleistet. Man hätte resignieren können. „Ach, das mit der Kirche hier im Osten macht keinen Sinn mehr.“ Im Gleichnis vom Sämann wird das Gegenprogramm erzählt. Gott knausert nicht. Er fragt nicht danach, ob sich etwas rechnet. Je dürrer der Acker, umso mehr Saatgut muss drauf. Auch mal einem „Platzregen“ gleich, wie Martin Luther sagt. Obwohl doch fast 3/4 der Saat nach menschlichen Maßstäben verloren gehen. Unvernünftig, planlos? Nein! Gott hat seine eigene Wirtschaftspolitik und das schon seit mehr als 2000 Jahren.

Wer mit dem Wachsen des Glaubens rechnen will, braucht ebenso viel Gottvertrauen, wie der eifrige Landwirt. In einem wunderbaren, 240 Jahre alten Lied von Matthias Claudius heißt es: „Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen liegt in des Herren Hand!“ Also: kräftig aussäen, geduldig warten und nicht verzagen. Im Sozialismus gab es die Parole: „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein!“ Der Volksmund antwortete selbstbewusst und trotzig: „Ohne Sonnenschein und Gott, geht die ganze Welt bankrott.“ In diesem Sinn ein fröhliches Gottvertrauen!

 

Michael Kleemann

Superintendent