16.08.2020
Das Wort zum Sonntag vom 16.08.2020

Davidsstern und Kreuz

von Stefan Kemper-Kohlhase (Pfarrer in Kläden)

Der 7. Tag der Woche, der „Sabbat“ und Ruhetag des Herrn. Am Sabbat versammeln sich die jüdischen Gemeinden überall auf der Welt in den Synagogen zum Gottesdienst. Psalmen werden gesungen, biblische Texte aus den 5 Büchern Mose und den Propheten werden gelesen, das jüdische Glaubensbekenntnis – „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft (5 Mos 6,4f).“ -  wird gesprochen, eine Predigt gehalten und am Schluss des Gottesdienstes wird die Gemeinde gesegnet mit dem aaronitischen Segen: „Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden (4 Mos 6,22-24).“
Und am morgigen Sonntag versammeln sich die christlichen Gemeinden überall auf der Welt in ihren Kirchen, um am 1. Tag der Woche die Auferstehung deines Sohnes Jesus Christus zu feiern. Mit Psalmen und Gesängen, Textlesungen aus der Bibel, dem apostolischen Glaubensbekenntnis, einer Predigt und in viele evangelischen Gemeinden mit dem aaronitischen Segen am Schluss.
O Herr, vieles haben wir gemeinsam mit unseren jüdischen Schwestern und Brüdern im Glauben. Unser Herr Jesus von Nazareth war fest verwurzelt im jüdischen Glauben seines Volkes. Seine Predigten, die Taufe, das Abendmahl und auch das gesamte Neue Testament unserer Bibel sind ohne die jüdischen Wurzeln nicht zu verstehen. Das Christentum ist durch und durch jüdisch. Was uns unterscheidet ist das Bekenntnis zum Gottessohn Jesus Christus. Daher blicken wir besonders am morgigen Israelsonntag unserer Kirche zurück auf eine unheilvolle Geschichte voller Schuld, Unverständnis und Verbrechen zwischen Juden und Christen. Und gerade die Christenheit in Deutschland hat schwere Schuld auf sich geladen.
Von der deutschen Erbsünde des Holocaust kommen wir nicht weg. Und es erfüllt mich mit Scham und Zorn, wenn vom Holocaust als „Vogelschiss der Geschichte“ gesprochen wird.
Aber auch von der christlichen Erbsünde des Antijudaismus kommen wir nicht weg. Juden wurden zu „Sündenböcken“, „Wucherern“, „Brunnenvergiftern“, „Ritualmörder“ und „ewigen Juden“ gemacht. Diese Geschichte soll nicht vergessen oder relativiert werden. Deshalb ist diese Zeitungsandacht auch als Bußgebet formuliert. Die Untaten, Missverständnisse und Verbrechen tun mir leid und ich will meinen Teil zu Frieden, Verständigung und Toleranz beitragen, damit dein Frieden in der Welt, dein „Shalom“, wachsen kann. Daher möchte ich mit Psalm 1 aus der Bibel enden. Er ist für Juden und Christen das Eingangstor in die Welt des Glaubens an dich, unseren gemeinsamen Vater.

„Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen / noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht! Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, / der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl. Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreut. Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.“  
Amen.