07.09.2025
Worte aus der Kirche zum 07.09.2025
Keine Sorgen?
„Sorgt euch um nichts…“ – sofort bin ich an die Worte aus dem Matthäus-Evangelium erinnert: Die Lilien auf dem Feld, die ohne Sorgen schöner blühen als die Kleider des Königs Salomon oder die Vögel am Himmel, die ihr Futter ganz ohne Sorgen finden. „Sorgt euch nicht, denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.“ – so sagt es Jesus in seiner berühmten Bergpredigt (Mt 6, 31-32). Wir sollen uns also keine Sorgen machen, oder?
Mich hat dieses „sorgt euch um nichts“ schon immer gestört. Ist es nicht ignorant und sogar gefährlich, wenn man sich um nichts sorgt? Dann muss ich auch für nichts eine Verantwortung übernehmen. So jedenfalls klingt es in meinen Ohren. Wenn ich für nichts eine Verantwortung übernehme, dann bin ich aber auch zu nichts verpflichtet. Wenn ich zu nichts verpflichtet bin, dann muss ich mich auch um nichts kümmern. Dann bin ich tatsächlich „sorgenfrei“, denn ich muss für nichts „Sorge tragen“.
Ich halte ein solches Lebensmodell für nicht tragbar innerhalb einer „Gemeinschaft“, sei es in der Familie, in der Gemeinde, in unseren Orten oder gar in unserem Land. Selbstverständlich mache ich mir Sorgen: um meine Familie, um meine Liebsten, um meine Kirche … um unser Land und unsere Welt. Alles andere wäre doch tatsächlich ignorant. Wir leben doch davon, dass sich Menschen darum sorgen! Vieles würde „den Bach runtergehen“, wären da nicht Menschen, die sich Sorgen machen.
„Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott.“ Ich lese diesen Vers aus dem Philipper-Brief und merke, was mich daran stört: „um nichts“! Das klingt so endgültig. So streng. So absolut und auch ein bisschen ignorant. Es hört sich für mich wenig beruhigend an, vielmehr ruft es meinen Widerspruch hervor… und es klingt für mich so, als ob es genügen würde, wenn ich einfach die Hände in den Schoß lege und fertig: Gott wird es schon machen! Diese Einstellung ist bereits mehrfach in der Geschichte schiefgelaufen. Ich denke auch nicht, dass weder dieser Vers aus dem Philipper-Brief noch die Worte aus dem Matthäus-Evangelium uns dazu auffordern möchten, dass wir uns „sorgenfrei“ aus allem heraushalten sollen und uns nicht zu kümmern haben. Das wäre schlicht und einfach verantwortungslos.
Es ist nicht die schlechteste Idee seine Sorgen im Gebet an Gott abzugeben und ihn für das Gelingen der Geschicke dieser Welt und des Lebens zu bitten. Ich denke aber auch, dass die Sorgen deshalb nicht verschwinden, aber leichter zu (er)-tragen sind, damit wir freier werden für Lösungen unserer Sorgen.
Manch eine Sorge kann ich auch nur abgeben, weil ich tatsächlich nichts machen kann. Aber dieses Abgeben aller meiner Sorgen darf nicht zum „Nichts-Tun“ führen, weil so die Sorgen dieser Welt nicht weniger werden.
Also: Sorgt nicht, aber tut etwas! Im Gebet und im flehenden Bitten liegt da ein Anfang…
Pfarrer Dr. Peter Lippelt aus Lüderitz