28.09.2025
Worte aus der Kirche zum 28.09.2025

Teure Vergebung – In dieser Woche wurde der bei einem Attentat ums Leben gekommene Charlie Kirk beerdigt. Bei der Trauerfeier sagte die Witwe Erika Kirk folgende Worte: "Diesem Mann, diesem jungen Mann, vergebe ich. Ich vergebe ihm, weil es das war, was Christus getan hat, und weil es das ist, was Charlie tun würde".

Diese Worte bewegten mich sehr. Könnte ich solche Worte aussprechen, wenn jemand einen meiner Söhne, die zur Generation Kirk gehören, hinterhältig und kaltblütig erschossen hätte? Sicher nur mit großer Mühe und auch nicht sofort. Denn ehrlich gesagt, mag ich am liebsten Actionfilme, in denen der Held Rache an den Bösewichten übt. Warum, diese Freude an der Vergeltung?

Hass und Vergeltung wirken wohl ähnlich wie eine Droge. Im ersten Augenblick mutet es sich wohltuend an, wenn der Übeltäter bezahlen muss, leidet und ausgeschaltet wird und es fühlt sich so an, als ob die Verletzung heilen würde. Doch das geschieht nicht wirklich, es fühlt sich nur so an: Weder verfliegt der Hass, noch ändern sich die „Bösen“. Dagegen führt Vergeltung zu einer Spirale der Zerstörung und frisst sich in die eigene Seele wie ein Krebsgeschwür.

Anders dagegen die Vergebung. Vergebung kostet viel, aber heilt. Manchmal kann es sogar Jahre dauern, bis man an den Punkt der Vergebung kommt. Aber sie kann die Gegner ändern, kann den Schmerz lindern und langfristig die Verletzung heilen. Darum hier eine weitere schöne Vergebungsgeschichte der Niederländerin Corrie ten Boom. Sie hatte sich während der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg für Juden eingesetzt, wurde verraten und kam deshalb selbst ins Konzentrationslager. Dort kam ihre geliebte Schwester Betsie ums Leben. Nach dem Krieg warb sie für Vergebung und Versöhnung und hielt Vorträge auch in Deutschland. Bei einem dieser Veranstaltungen kam im Anschluss einer der grausamsten Wächter des KZ auf sie zu und sagte: “Sie erwähnten Ravensbrück in Ihrem Vortrag“, sprach er sie an“. „Ich war Wärter dort. Aber das ist vorbei. Ich bin inzwischen Christ geworden. […] Können Sie mir vergeben?“. Corrie ten Boom erstarrte und schrieb über diese Situation: „Da stand ich nun […] und konnte es nicht. Konnte er den langsamen und schrecklichen Tod meiner Schwester in Ravensbrück einfach mit diesem Wort ausradieren? Aber ich spürte, ich musste ihm vergeben. […] Ich konnte es nicht. Hölzern, mechanisch legte ich dann meine Hand in die ausgestreckte Hand des Mannes. Als ich es tat, geschah plötzlich etwas Unglaubliches! Eine heilende Wärme schien mein ganzes Sein zu durchfluten. Tränen kamen mir in die Augen. „Ich vergebe dir, Bruder, von ganzem Herzen!“ Ich hatte Gottes Liebe noch nie so intensiv erlebt wie in diesem Augenblick.“ (Nach Willy Hofsümer Herzfenster, Geschichten, die gut tun).

Pfarrer Martin Schuler aus Bismark